Der Storyansatz ist nicht schlecht Allerdings ist Deine Erzählweise mMn noch zu distanziert dafür. Dein Stil erinnert mich mehr an eine Zeitungsreportage als an einen Roman, bei dem der Leser mitfiebern können soll. Dazu tragen mehrere Dinge bei:
- Du formulierst zu umständlich. Der Leser ist zu sehr damit beschäftigt, Deine Sätze zu verstehen, wodurch das Bild vor dem berühmten inneren Auge zu kurz kommt. Auch Deine Wortwahl ist an einigen Stellen für meinen Geschmack zu "hochgestochen". Du erzählst von Menschen, die mit ständigen Katastrophen leben müssen, denen im wahrsten Sinne des Wortes der (feste) Boden unter den Füßen entzogen wurde. Da mußt Du auch einfacher, direkter, intensiver formulieren. Vielleicht kann ich Dir am ersten Absatz zeigen, was ich meine
So würde ich formulierenGelegentlich verloren die Beben an Stärke, doch sie hörten nie ganz auf. Straßen und Häuserzüge bildeten ein konfuses Chaos, als seien sie von einer gigantischen Hand genommen und beliebig wieder zusammengesetzt worden. Tatsächlich war es so, als ob die Erde in unregelmäßigen Abständen von eben dieser Hand, zur Faust geballt, geprügelt wurde; Spalten hatten sich aufgetan, die es unmöglich machten, Orte zu erreichen, die früher nur wenige Meter voneinander entfernt lagen.- Die Protagonisten tauchen zu spät auf. Der Leser braucht möglichst bald eine Identifikationsfigur. Ich finde folgende Reihenfolge besser: Einige wenige Sätze zur Einleitung, dann steht Max auf dem Hügel, dann erst die Geschichte der ständigen Beben und Stürme.Manchmal war ein Beben weniger stark als das zuvor, aber die Erde beruhigte sich nie ganz. Wieder und wieder wurde die Stadt durchgeschüttelt, als würde eine gewaltige Faust mit voller Wucht zuschlagen. Das Gesicht der Stadt hatte sich dramatisch verändert: Häuser und ganze Straßenzüge waren wild durcheinandergewürfelt, als hätte ein Kind seine Türme aus Bauklötzen umgestoßen. Trümmer und tiefe Spalten im Boden verhinderten, daß man Orte erreichen konnte, die zuvor nur wenige Meter voneinander entfernt waren.
- Die Protagonisten reagieren zu wenig. Wie gesagt, die Menschen sind in Deiner Geschichte in einer Extremreaktion. Trotzdem bleiben Max und Tina erstaunlich gefaßt, die schwangere(!) Frau weint höchstens einmal an der Schulter ihres Freundes. Wo bleiben die Gefühlsausbrüche, die Wut, die Trauer, die wilden Anschuldigungen gegen einander und gegen die Welt allgemein, die Panik? Das darf man natürlich auch nicht übertreiben, aber ganz fehlen sollte es mMn nicht.
- Noch eine Kleinigkeit: Wenn Du im Imperfekt erzählst, muß die Geschichte mit den Jugendlichen und dem Hund im Plusquamperfekt stehen.
Das Ende des Prologs und die merkwürdige Reaktion des Fremden auf die Frage nach seiner Heimat ist Dir gut gelungen, das weckt Neugier auf das Folgende
Bis dann,
scribble
Lesezeichen