Ich sehe in dieser Haltung eine gewisse Bräsigkeit, à la "Der Erfolg gibt uns recht", die eine aufrichtige inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik a priori ausschließt. Aussagen dazu, dass kritische Rückmeldungen redaktionsintern diskutiert werden, halte ich angesichts des im Vornherein festgelegten Ausgangs der Diskussionen für durchaus amüsant.
Wenn ich mich nicht täusche, sind alle, die in deutschen Manga-Redaktionen beschäftigt sind, Akademiker mit fachlichem Hintergrund im sprach-, kultur- und/oder literaturwissenschaftlichen Bereich. Ein gewisser Anspruch, der über das Fischen nach confirmation bias hinausgeht, kann da durchaus an die eigene Arbeit herangetragen werden.
Stellt man diese Aussagen neben die Verweise auf den Markterfolg, ergibt sich das Bild einer von der Vermarktungsfähigkeit getriebenen Lokalisierungspolitik der Simplifizierung auf Biegen auf Brechen, die gleichzeitig auf der Annahme einer dümmsten anzunehmenden Leserin basiert.
Fairerweise muss man festhalten, dass diese Denke sich bei allen anderen Verlagen auch festgesetzt hat. Eine der Blüten der bis in letzter Konsequenz gedachten betriebswirtschaftlichen Verwertungsketten ist etwa, dass die meisten deutschsprachigen Veröffentlichungen einen englischsprachigen Titel erhalten.
Aber zumindest nach meiner Beobachtung schätzt kein anderer Verlag wie Kazé den literarischen Wert seiner eigenen Manga so gering, und kein anderer Verlag betrachtet seine Veröffentlichungen so konsequent als kommerzielles Produkt. Glückwunsch zur Top-Position im Markt.
Strohmann-Argument, garniert mit einer slippery slope.
Eine gewisse Hoffnung sehe ich aber durchaus in den Zeilen. Auch wenn die Neubewertungen ausschließlich marktgetrieben und nicht inhaltlich begründet sind ("Die japanische Kultur erlebt derzeit weltweit einen Boom") - vielleicht brechen sie den vermeintlichen Determinismus auf, was einer Leserschaft zuzumuten ist und was nicht.
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